Sonntag, 22. Juli 2007

Tü ganz berlinkreuzbergisch

wir werden die nächsten zwei monate in berlin verbringen - wir machen dort beide ein praktikum. am samstag (gestern) brachen wir auf - zunächst in richtung ulm.

unsere abfahrt aus tübigen war allerdings nicht ganz einfach. wir stellten uns erst am frühen nachmittag an die bushaltestelle, da wir zuvor noch auf den postboten warten mussten, um den neusten harry potter in empfang zu nehmen. statt normalem tübinger stadtbus kam jedoch ein neun-personen-kleinbus, bei dem eine provisorische "22" aufs amaturenbrett gelegt worden war. uns dämmerte bereits, warum an diesem tage keine regulären busse in richtung der innenstadt fuhren. der fahrer stieg erstmal aus, öffnete uns (mit dem vielen gepäck für ulm und berlin), sagte christine, sie brauche keinen fahrschein (sie hat ja nach ihrem italienstudium kein semesterticket) und fuhr los.

kurz vor der neckarbrücke war der bus voll, wobei es toll war, an den stationen davor die gesichter ungläubigen gesichter der leute zu beobachten, als unser bus vorfuhr und darauf wartete, dass sie einstiegen. an der neckarbrücke schließlich schluss: "alle aussteigen!" die straßen waren voll mit menschen, überall hingen bunte nationalfahnen vieler fremder länder - und an der straße spielte eine jazzband - daneben ein spruchband: "funk off nazis".

zu diesem zeitpunkt war uns bereits eingefallen, dass für diesen samstag die "jungnationalen" eine demonstration in tübingen angekündigt hatten, eine organisation die angeblich in baden-württemberg nur 60 mitglieder hat und daher von aus anderen regionen verstärkt werden musste, so dass sich etwa 150 demostranten versammelten. das verbot von OB palmer hatte ein gericht zwar ausgesetzt - im gegenzug hatte der verwaltungsrat der stadt jedoch pauschal jede andere veranstaltung und kundgebung in der stadt erlaubt.

wir näherten uns also dem bahnhof - und entgegen unserer erwartung ("die demo war ja in der stadt...") - nahm die menschendichte zu. der bahnhofsvorplatz war voll bestanden, selbst auf den wartehäuschen der bushaltestellen standen (gegen-)demonstranten. der bahnhof selbst war vor massiv gepanzerten aber recht lässigen polizisten hermetisch abgeriegelt. wie wir schließlich in erfahrung brachten, waren die 150 jungnationalen gerade dabei wieder dabei, in die züge zu steigen und man wollte zusammenstöße in und vor zügen mit den gegendemonstranten zu vermeiden. wir aber wollte ja bloß nach ulm.

also zogen wir los - mit trolly, großem rucksack, zwei kleinen rucksäcken und einem geigenkasten - um über einen größeren umweg die rückseite des bahnhofs zu erreichen. gerade als wir die unterführung erreichten, baute sich vor uns ein vielleicht 2 meter großer und relativ kräftiger gepanzerter ritter in grün auf, streckte seine arme in beide richtungen und warf uns ein "hier kommt niemand mehr durch" entgegen. daraufhin wurde das massive eisentor der bahnunterführung vor uns mit lautem knall ins schloss geworfen.



glücklicherweise ging es aber schon nach 20 minuten weiter - und wir konnten ohne größere hektik den nächsten zug nehmen. den ersten hatten wir natürlich verpasst. im regionalzug trafen wir weder nazis noch gegendemonstranten - trotzdem zog zwei minuten nach abfahrt jemand die notbremse. die polizeidichte war auch in reutlingen und bis metzingen auf den bahnhöfen noch recht hoch, nahm dann aber zunehmend ab.