Montag, 19. Februar 2007

(Das) Leben in Tübingen

Ja, es gibt noch Leben in Tübingen. - Mit Christine ist am Samstagvormittag ein weiteres Mitglied unseres Physik-Jahrgangs ins Ausland abgefahren und es ist still geworden hier. Ich sitze gerade allein in unserem Wohnzimmer, durchs große Fenster flutet die warme (!) Februarsonne und ein wenig genieße ich die Stille sogar. Das hab ich mir auch verdient, nach den unzähligen Klausuren der letzten Wochen.

Aber es ist auch komisch, allein früh aufzustehen, allein Frühstück zu machen, allein zu essen, allein den Tag zu verleben. Vor allem komisch, wenn man über Jahre hinweg fast immer alles gemeinsam gemacht hat, gemeinsam gelebt hat. Ich habe total vergessen, wie es ist allein zu leben. Als das Studium anfing war ich in einer ähnlichen Situation, aber mit dem Unterschied, dass ich davor nicht an ein Leben mit einem geliebten Menschen gewöhnt war.

Nun ja, aber ich will hier auch kein Trübsal blasen. Bald fahre ich selbst nach Perugia, und zwar Mitte März. Bis dahin werde ich hier die Zeit genießen, einen einwöchigen Trip nach Manchester machen und ein einwöchiges Praktikum in physikalischer Chemie. Langweilig wirds also nicht werden.

Tübingen zeigt die letzten drei Tage ausgesprochen mildes und sonniges Wetter, was mir auch viel dabei hilft, die einsetzende Einsamkeit zu überwinden. Gestern habe ich das Wetter auch gleich genutzt und bin (das erste Mal seit Dezember) auf dem Neckar rudern gewesen. Nach 2,5 Kilometern hat es sogar gereicht, kurzärmlig zu rudern. Es lag eine unglaublich schöne Stimmung in der Luft: Am Ufer gingen viele Familien mit Kindern spazieren und die Sonne spiegelte sich überall im Wasser und machte ein ganz warmes Licht. Obwohl natürlich alle Bäume noch ganz kahl sind zwitscherten überall Vögel, als sei Mai und die Paarungszeit hätte längst begonnen. Dass der Dezember und die Tage jetzt so warm sind, zeigt sich aber auch darin, dass allenorten Frühblüher stehen. Der Frühling lässt sicher nicht mehr lange auf sich warten, wenn das so weiter geht. Zu hoffen bleibt nur, dass er nicht von einem plötzlichen Schneeeinbruch überrascht wird. Aber so warm wie die Sonne gerade scheint, kann ich mir das gar nicht vorstellen.

Heute habe ich erneut das gute Wetter genutzt, um etwas Zeit draußen zu verbringen. Nachdem ich 20 kg Bücher aus der vergangenen Klausurenphase zur UB gefahren hatte, bin ich zur Morgenstelle hochgeradelt und habe oben ein paar Erledigungen gemacht. Als ich mein Rad durch den botanischen Garten schob, sah ich auch an allen Ecken und Enden Frühblüher stehen und auch die grimmig dreinschauenden Gartenarbeiter machten den Eindruck, als bereiteten sie schon alles auf das große Blühen vor.

Wo ich doch heute so viel an der Luft war, kann ich mich nun endlich meinem Rechner widmen, der schon ganz vernachlässigt aussieht. :-)

Donnerstag, 15. Februar 2007

Galeria

Dies ist ein Eintrag aus dem Tagebuch unserer Korsika-Reise im Sommer 2006. Am besten fängst du hier an zu lesen, wenn du die anderen Einträge noch nicht kennst. :-)

Samstag, 9. September 2006



Nach einer ruhigen Nacht unter den Klippen der Calanche in Porto begeben wir uns früh zur Bushaltestelle. Dort erwartet uns bereits eine Menschentraube um am Ende warten wohl über 40 Leute auf dem Gehweg. Wir machen uns beim "Kampfeinsteigen" bereits Sorgen, gar keinen Platz mehr zu bekommen. Aber die sind unbegründet: Der Busfahrer in diesem Überland-Linienbus lässt alle einsteigen und schert sich wohl nicht darum, dass es auch in den Gängen enger und enger wird. Zum Glück können wir aber sogar noch in der letzten Reihe drei Plätze ergattern.
Wir fahren mit dem Bus weiter gen Norden, quer durch rote Calanche-Felsen. Die Straße kommt uns noch serpentinenreicher als die nach Porto vor. Zum Glück ist unser Busfahrer (der mindestens 65 ist) sehr besonnen und hupt ausgiebig vor jeder Kurve (wer zuerst hupt hat Vorfahrt!).

Unser Reiseführer ("Michael Müller") hat uns die kleine Stadt Galeria ans Herz gelegt, die ein "Mauerblümchen-Dasein" zwischen "den beiden Touristenmagneten Porto und Calvi fristet". Das klingt für uns natürlich interessant, damit wir den Touristenschwärmen der größeren Städte entkommen. Leider fährt unser Bus nicht direkt nach Galeria: Er lässt uns an einer Haltestelle heraus, den Namen eigentlich nicht verdient: An einer staubigen Straßenkreuzung irgendwo im Nichts. Mit uns steigt noch ein französisches Pärchen aus. Wir wandern sofort auf einer kaum befahrenen Straße los.

Nach 5 Kilometern haben wir das "Mauerblümchen" Galeria erreicht. Der Ort hat einen absolut dörfischen Charakter, wobei er architektonisch überhaupt gar keine Reize zeigt und auf den ersten Blick absolut tot wirkt. Wir finden einen baum- und damit schattenreichen Campingplatz und treffen dort die beiden Franzosen wieder, die ihr Zelt direkt neben unserem aufstellen. Später am grobkieseligen Strand treffen wir sie erneut und versuchen Skat zu erklären, was kein allzu leichtes Unterfangen ist, vor allem bedingt durch die Sprache. Unser französisch ist eigentlich zu schlecht (jetzt wo Fabi weg ist) aber leider ist das Englisch der Schulfranzosen (nach eigenen Angaben) kaum zu gebrauchen. Mit Händen und Füßen und einigem Kauderwelsch verstehen wir uns aber trotzdem.

Am Abend sitzen wir zusammen um unseren Kocher und essen gemeinsam zu Abend, später gesellt sich noch ein deutsches Paar zu uns. Die beiden kommen aus Schleswig-Holstein und sind hier mit ihrem 11 Monate altem Kind zelten.

Sonntag, 10. September 2006

Unsere Teekoch Versuche scheitern: Der Kocher gibt den Geist auf. Wahrscheinlich hat er das stark rußende Benzin der Tankstelle nicht vertragen. Für den Rest des Urlaubs müssen wir also kalt essen, was ja bei leckerem mediterranem Gemüse und Käse auch nicht sonderlich schwer fallen dürfte. Lediglich der Verlust des Frühstücks-Schwarztees schmerzt ein wenig.

Wir entscheiden, heute eine gepäcklose Tagestour im Umfeld von Galeria zu machen, um dann am nächsten Tag zum sagenumwobenen Fangotal zu laufen. Durch unsere vergeblichen Reparaturversuche des Kochers haben wir leider schon etwas Zeit verloren, so dass es uns für heute zu weit ist.

Wir laufen also los, um einen nahe gelegenen Aussichtspunkt zu erklimmen. Wie Porto ist auch Galeria von relativ steilen Hängen umgeben, wobei sie hier stärker bewachsen sind, so dass ihre Färbung nicht so stark auffällt. Wir stoßen bis zum Gipfelkreuz vor und genießen den Ausblick auf dunkelblaues Meer mit winzigen weißen Schaumkronen und einigen Spielzeug-Segelbooten (aus unserer Höhe sehen sie zumindest so aus). Unsere Mittagspause verläuft etwas unruhig, da ein Meer von Wespen unsere mitgeführte Honigmelone zum Fressen gern hat. Erst als wir uns der Reste entledigt haben, lassen sie endlich von uns ab.

Nach dem Abstieg verbringen wir den Nachmittag am Strand bei den höchsten Wellen die wir über den ganzen Urlaub sehen werden. Zwischendurch spielen wir Skat - das Spiel nimmt langsam einen immer wichtigeren Teil des Korsikaaufenthalts an.

Zum Abend gibt es das erste mal nichts Gekochtes - aber wir haben uns im Supermarkt eine kleine Olivenölflasche (250 ml) gekauft, die wir zu Salat am Stück verbrauchen. Der Abend klingt aus mit einem angeregten Gespräch über Musicals, Schul-Pflichtlektüren und was davon hängenbleibt.

Freitag, 9. Februar 2007

Berichte aus Perugia

Noch eine Woche, dann macht sich Christine auf nach Perugia. Sie wird als Auslandskorrespondentin einen eigenen TüTimes-Blog schreiben, der nun hier erreichbar ist - und auch links im Menü. :-)

Dienstag, 6. Februar 2007

Ostermayermontag

Hallo liebe Leser der Tübingen Times, die ihr treu in aller Welt verstreut die Nachrichten verfolgt, die es aus der Heimat gibt!

Nach langer Zeit der Schweigsamkeit, in der ich die Redaktionsarbeit ausschließlich meinem lieben Kollegen überlassen habe, greife ich nun endlich wieder einmal zu Feder und Papier - oder neumodischer zur Tastatur - um mich bei der Welt zurückzumelden!

Denn zu berichten gäbe es natürlich so manches. Da wäre zum einen die enorme Unschärfe zu verzeichnen, die sich im Moment über das Physikalische Institut gelegt hat und den Ausgang der QMI-Klausur in nicht scharf messbaren Zuständen hält. Zum anderen wäre die Bekanntmachung einer geschlossenen Gesellschaft nächsten Samstag im Gasthof zum hungrigen Physiker angebracht, bei der kein anderer als ich selbst als offizieller Auslandskorrespondent der Tübingen Times eingesetzt wird...

Doch was mich heute beschäftigt, ist etwas ganz anderes: Noch hallen in meinen Ohren die Harfenklänge nach und Bilder und Fantasien, ausgelöst durch die Worte des Erzählers ziehen vor meinem Auge her.

Denn wir waren gestern im Vorstadttheater (das ist die ehemalige Latrine der französischen Garnison in Tübingen) beim „Ostermayermontag“ und haben uns in die Zeit von Arthur, Merlin und Ginevra versetzen lassen…

Es gibt kaum etwas tolleres als eine gute Geschichte – das einzige, was noch besser ist, ist eine außergewöhnlich erzählte gute Geschichte! Und Geschichten erzählen kann dieser Ostermayer wirklich gut! Von Harfe untermalt, mal lustig und mal ernst - immer im Kontakt mit den Zuhörern und mit einer tollen Mimik und Gestik... Erzählen, wie jemand erzählt, ist nicht gerade spannend ;-) das muss man einfach selber erleben!

Damit ihr nicht ganz vor Neid zerplatzt, hier zumindest einige Kostproben aus dem Text…

KAY:

(es geht darum, dass Lanzelot mit Ginevra ausreiten möchte, aber noch ein Dritter mit soll…)

„Nun eh…“ sprach Kay, der Seneschall, ins allgemeine Schweigen hinein. „Ich geh da gerne mit, warum denn nicht? Gilt es den Segen des Hauses zu mehren, hat sich ein Seneschall in ehrenvoller Bescheidenheit selbst Drachen zum Fraß vorzuwerfen. Um wie viel angenehmer dünkt es mich, der Königin zu einem Nachmittag in der Natur und dem Gemahl zu ein paar ungestörten Stunden des Regierens zu verhelfen, und sei’s in meiner Eigenschaft als Kavalier des Kavaliers. Als Ritter des Ritters der Königin. Ein Schelm, wer schlechtes dabei denkt. An Frühlingstagen wie heute heißt meine Devise: Ich Zweien gedient, so lässt sich auch dem Dritten helfen. Zum Beispiel, wenn man ihn vor Ungestüm bewahrt. Seid getrost, ihr Edlen, mit etwas Glauben an die Menschheit wird alles gut. Auch ist ein Spazierritt im Wiesengrund kein Gang in die Schlacht. Zur Rechten die Bessere Hälfte des Königs, zur Linken dessen Rechte Hand, wer möchte da nicht Mittler… äh… der Mittlere sein, und wie die Dinge stehen, aber immerhin noch nicht lliegen, ist meine Begleitung, ich würde wohl sagen: Conditio qua sine non… Ich geh da gerne mit, warum denn nicht?“

„Als sie gewiss war, dass er schlafe, stand sie leise auf, nahm ihren langen Schleier, umgab damit die Weißdornhecke, unter welcher Merlin schlief, und vollendete die Verzauberung, ganz so, wie er solche sie gelehrt; neunmal ging sie um den geschlossenen Kreis und neunmal wiederholte sie die Zauberworte, bis er unauflöslich war, dann ging sie wieder hinein, setzte sich leise wieder auf den vorigen Platz und legte Merlins Kopf sich wieder in den Schoß.“

Vom ersten Tag an ließ Morgana ihre Tochter allein im Wald aufwachsen. Sie war die Durstige, die sich selber stillte. Die Hungrige, die sich selber nährte. Die Fragende, die sich selber Antwort gab. Doch jede Antwort zeugte neue Fragen: Wie groß war die Welt, wer regierte sie? War das Kommende dem Jetzigen inbegriffen? Und musste seine Gestalt wechseln, wer vom Engbemessenen ins Weite wollte?

Fragen, nichts wie Fragen.

Montag, 5. Februar 2007

Sonntagsspaziergang

Hier gibts mal wieder ein paar aktuelle Bilder aus Tübingen, aufgenommen auf meinem Sonntagsspaziergang gestern vormittag. Es war ein ziemlich klarer, sonniger und kalter Tag - perfekt zum Spazieren. Auf den Fotos sieht es teilweise trüber aus, als es war. :-)

Auf dem Sand: Die Uhr des ehemaligen Bundeswehrkrankenhauses (jetzt Astro/Info) im gleißenden Sonnenlicht.

Der Fußweg vom Sand in Richtung Lustnau.

Blick auf Pfrondorf

Freitag, 2. Februar 2007

Die Calanche

Freitag, 8. September 2006

Nach dem Frühstück stellen wir bei einem Blick auf den Busfahrplan fest, dass wir den Bus, der uns zurück in die korsische Hauptstadt Ajaccio bringt, leider schon gefahren ist. Also müssen wir die drei Kilometer nach Propriano reinlaufen, um dort in der Touristeninformation nach alternativen Linien zu fragen.

Dort wird uns gesagt, dass der Bus in wenigen Minuten fahren wird, so dass wir hechelnd den Ort suchen, von wo er abfährt: Eine relativ einsame Kirche etwas ab vom Schuss von der Hauptverkehrsstraße Proprianos. Es gibt sogar ein "Schalterhäuschen": Stephan fragt eine auf einer Bank sitzende ältere Dame, ob von hier der Bus fährt, die darauf in relativ schwer verständlichem Französisch irgendwelche Dinge erzählt und letztendlich die Tickets verkauft, wobei wir erst nicht sicher sind, ob sie uns vielleicht zum Narren hält.

Der Bus fährt eine ganze Zeit (wir sind ja auch weit gewandert!!), u.a. durch Olmeto, und wir können unsere Wanderung nochmal Revue passieren lassen. Zurück in Ajaccio machen wir ein Baguette -Mittag und entscheiden dann, uns noch gemeinsam in ein Café zu setzen. Fabis Zug fährt in einer Stunde, da er sich auf den Rückweg nach Deutschland machen muss, um danach noch in die Türkei zu fahren. Die anderen drei wollen dagegen mit einem Bus in Richtung des sagenumwobenen Fangotals fahren.

Nach einigem Hin und Her bei der Suche des richtigen Busses sitzen wir irgendwann im Richtigen, der uns nach Porto bringen soll.

Der Bus fährt in abenteuerlichem Tempo die kurvenreichen Straßen die westkorsischen Buchten entlang, wobei die Regel gilt: Wer vor einer steilen Kurve zuerst hupt, hat Vorfahrt. Wir kommen schließlich ins Gebiet der Calanche, einem Gebiet wo die Steilküste aus knallrotem Granitfels besteht. Entsprechend sind auch viele Touristenbusse unterwegs, wobei es die Touristen wenig stört, trotz der engen Straßen und schnellen korsischen Fahrer mitten auf der Straße zu laufen und dabei in alle Richtungen zu schauen, nur nicht nach vorne.


Schließlich kommt unser Bus nach scharfem Bremsen zu stehen, da auf der anderen Seite ein Touristenbus im Weg steht. Unser Busfahrer öffnet die Tür (wir glauben er will den anderen jetzt ausschimpfen dass er regelwidrig parkt). Stattdessen fängt er mit ihm ein Pallaver an, um nach 10 Minuten die Tür wieder zuzumachen und weiterzufahren...

Der intensive Farbeindruck der Calanche wird schließlich noch verstärkt, als die Sonne tiefer sinkt und alles mit gleißend rotem Licht übergießt. Porto liegt inmitten der Calanche in einer Bucht, über der sich die roten Felsen aufbäumen. Wir finden schnell einen Campingplatz (2 Minuten Fußweg von der Haltestelle), auf dem wir eine Nacht bleiben wollen, um am nächsten Morgen einen anderen Bus zum Fangotal zu nehmen.